Jede Analyse eines Begriffes führt zwangsläufig zu den bestimmenden Merkmalen des Begriffes. Zur Feststellung eines Begriffsinhaltes und zur Festlegung eines pflegediagnostischen Konzeptes, wie z. B. den ENP-Pflegediagnosen, ist die Benennung der Kennzeichen, welche die Pflegediagnose stützen können, entscheidend. In der Terminologielehre werden den Merkmalen/Kennzeichen verschiedene Bedeutungen zugewiesen. „Die Gesamtheit der zu einem gegebenen Zeitpunkt festgestellten Merkmale eines Begriffes ist die Summe des Wissens über diesen Begriff“ (Arntz, Picht, & Mayer, 2004, S. 53f). Dieses Wissen über den Begriff unterstützt dabei, den Begriffsinhalt zu benennen und abzugrenzen. Ebenso unterstützen die Merkmale dabei, die Begriffe zu strukturieren und in eine Taxonomie einzuordnen.
Im pflegediagnostischen Prozess werden die Kennzeichen als Indikatoren zur Bestätigung einer Pflegediagnose genutzt (Gordon & Bartholomeyczik, 2001, S. 43ff.). Im Rahmen der Entwicklung der ENP-Pflegediagnosen werden die Merkmale zur Konzeptualisierung derselben eingesetzt. Im Folgenden wird die Definition der ENP-Kennzeichen vorgestellt.
ENP-Kennzeichen sind Indikatoren, Merkmale und Äußerungen des betroffenen Individuums. Diese tragen dazu bei, die Pflegediagnose/-probleme zu identifizieren, oder die Pflegediagnosen/-probleme untereinander abzugrenzen. Diese Merkmale bzw. Indikatoren können Symptome beschreiben, weitere Merkmale für das Problem, biografische oder historische, physiologische oder psychische Indikatoren, eine beschriebene verbale Äußerung der betroffenen Person zum Problem, beschriebene Reaktionen eines Menschen oder Risikofaktoren sein.
Die Kennzeichen von ENP beziehen sich sowohl auf das enthaltene Pflegeproblem als auch auf die Problemspezifikation.
Die Kennzeichenformulierungen sind Symptome (z. B. Zyanosezeichen, erhöhte Atemfrequenz, Giemen, Tachypnoe, äußert Juckreiz), Äußerungen der betroffenen Person (z. B. Äußert Angst vor den Schmerzen beim Abhusten, beschreibt das Gefühl der Einsamkeit/der Verlassenheit), Verhaltensreaktionen (z. B. erhöhte Reizbarkeit, kann Wut/Ärger nicht adäquat äußern und richtet diese gegen Tiere/Gegenstände, reißt sich Haare aus), physiologisch feststellbare Merkmale (z. B. Atemfrequenz beim Erwachsenen unter 12 Atemzüge/Min.), oder Beschreibungen der Fähigkeitseinschränkungen der betroffenen Person (z. B. kann bestimmte Körperregionen nicht waschen, kann Worte nicht deutlich aussprechen).
Die Kennzeichen stellen syntaktisch entweder vollständige Sätze dar, die aus einem Subjekt und einem Prädikatsverband (der Prädikat, Objekt(e) und/oder Ergänzung(en) beinhalten kann) bestehen und zudem in der Regel im Aktiv stehen. Alternativ sind sie Ellipsen bestehend aus Prädikat, Objekt(en) und/oder Ergänzung(en) oder nur aus Begriffen. Diese unvollständigen Sätze beziehen sich immer auf das Subjekt der Pflegediagnose. Z. B.: kann sich nicht verständlich machen oder infektiöse Hauterkrankung.